Alte, lokale Obstsorten müssen erhalten werden!
Mit der Initiative „Alte Obstbäume neu entdecken“ setzen wir uns in Oberkärnten seit rund einem Jahr aktiv für den Erhalt und die Rekultivierung heimischer Obstsorten ein.
„Seit Eva vom Apfel gekostet hat, hängt viel vom Essen ab“, sagte schon Lord Byron. Auch heute noch hängen unsere Ernährung, Gesundheit, Kultur, Tradition und das Bewahren unserer Natur von den Lebensmitteln ab, die wir anbauen und zu uns nehmen.
Jeder kennt die handelsüblichen Apfelsorten, wie den Kronprinz Rudolf, den Gravensteiner oder den Jonathan, aber wer erinnert sich noch an den Lavanttaler Bananenapfel? Wo findet man die wertvolle Goldrenette oder die seltene Baumannsrenette mit perfektem Geschmack? Großvaterapfel, Locher, gelber Rosmarin, Spitzapfel, Himbeerapfel und viele mehr – sie alle existieren nur bei uns als lokale Sorte.
Rekultivierung und Erhalt
Leider sind seit 1900 in Österreich mittlerweile 90 Prozent aller Apfelarten ausgestorben. Das ist eine erschreckende Zahl. Wie auch die „Arche Noah“ in Niederösterreich bereits erkannt hat, gilt es deshalb so viele Arten wie möglich zu rekultivieren und zu retten. (Bericht Kronen Zeitung) Mit unserer moch ma wos-Initiative „Alte Obstbäume neu entdecken“ haben wir im vergangenen Jahr dazu ein Projekt ins Leben gerufen, das nicht nur Privatpersonen, sondern in erster Linie auch Gemeinden, zum Erhalt der Bäume einbinden möchte.
Alte Obstbäume neu entdecken
Das Projekt „Alte Obstbäume neu entdecken“ zielt darauf ab, einerseits längst vergessene Apfelsorten zu identifizieren und andererseits auch darauf, die Kunst der Baumveredelung weiterzugeben, um diese wichtige Tradition zu bewahren. In Form von Kursen sollen ein fachgerechter Baumschnitt und die Veredelung seltener Sorten erlernt werden. Gemeinden sollen hier eine Vorbildfunktion einnehmen und auf öffentlichen Flächen Obststreuwiesen anlegen. Wir möchten eine Stärkung der heimischen Direktvermarkter und der regionalen Selbstversorgung erreichen und ein unübersehbares Zeichen für die Wichtigkeit regionalen Traditionshandwerks setzen.
Langjährige Tradition
Der Apfelbaum ist in allen Phasen der Menschheit allgegenwärtig. Bereits in der Bibel erlagen Adam und Eva seinem Charme und im Märchen ist der Apfel Symbol für Vollkommenheit und Sündenfall zugleich.
Im Stift Millstatt hat man über Jahrhunderte Apfelbäume veredelt und neue Sorten gezüchtet. Diese Obstarten wurden abgestimmt nach der Beschaffenheit unserer Böden und Witterungsverhältnisse ausgelesen und haben nichts mehr mit den heutigen industriell gezogenen Apfelsorten zu tun. Die Veredelung von Obstbäumen ist eine Tradition, die nur noch von wenigen beherrscht wird, die es aber im Sinne der Regionalität und naturnahen Bewirtschaftung zu erhalten gilt.
Einige der in Oberkärnten ansässigen Baumschulen und auch Privatpersonen haben den Ernst der Lage bereits erkannt und sich wie wir dem Thema verschrieben. Sie beherrschen die Kunst der Veredelung noch und möchten Obstbäume weiter kultivieren, um alte, einheimische Sorten vor dem Verschwinden zu retten.
Aktueller Projektfortschritt – Oberkärnten
In Seeboden hat man bereits alte, lokale Obstsorten angekauft und auf öffentlichen Flächen angepflanzt. Es wurden mittlerweile auch verschollene Arten wiedergefunden, wie das Hausmütterchen oder eine noch nicht bestimmte Pflaumenart.
Das Interesse an diesem Thema geht quer durch den Bezirk und es wurden inzwischen schon viele Bäume bzw. Streuobstwiesen besichtigt und Baumschnitte bzw. Beratungen durchgeführt.
Ein Obstbaumschnitt- und Veredelungskurs wird nach Aufhebung des Lockdowns stattfinden, sobald es saisonal passt. Der Erhalt des Spedling („Spänling“) ist dank der Familie Wiednig und der Baumschule Huber Bernhard gelungen. Die ersten veredelten Bäume werden heuer ausgeliefert.
Umfrage zum Projekt - Das sind die Ergebnisse:
Rund die Hälfte unserer Umfrage-Teilnehmer kennt weniger als fünf alte, lokale Apfelsorten. 31 % kennen 15 Sorten und 8 % kennen 30 Sorten.
Alle Befragten finden den Erhalt und die Rekultivierung der alten, lokalen Apfelsorten wichtig und glauben, dass diese Apfelsorten gesünder sind, als die neu „gezüchteten Industriesorten“.
Rund 85 % der befragten Personen finden das Projekt „Alte Obstbäume neu entdecken“ sehr gut und würden auch mitmachen (21 %).
100 % würden sich dafür aussprechen, auch in ihrer Gemeinde Streuobstwiesen anzulegen. 7 % könnten sich vorstellen, sämtliche geeigneten Flächen dafür heranzuziehen, auch von Privatpersonen, die dies möchten.
Etwas mehr als die Hälfte der Befragten (57%) führte an, dass es in ihrer Gemeinde nicht genügend funktionierende Streuobstwiesen gibt, obwohl für 100 % diese Wiesen für die Biodiversität bzw. Artenvielfalt wichtig sind.
Ebenfalls 57 % sagen, dass es in ihrem Umfeld noch Personen gibt, die das Veredeln der Obstbäume aktiv ausüben.
Die Bestrebungen der „Arche Noah“ eine Biodiversitäts-Offensive durch die Regierung ins Leben zu rufen, finden 64 % sehr gut und 22 % würden unterschreiben. Lediglich 14 % glauben, dass das nicht funktionieren wird.
Registrieren und Foto eures Lieblingsgenussapfels für unsere Galerie einsenden.
Wir freuen uns auf viele bunte Apfelbilder.
Aus der bunten Apfelkiste
Neugierig, welche Äpfel es in der weiten Welt noch so gibt?
Die historische Tafel der Apfelsorten (Graser’s Verlag Nacht) gibt Auskunft.
Presseberichte zum Thema:
Kronen Zeitung: Rare Sorten kaum mehr zu finden
> zum Artikel
Kaernten.orf.at: Streuobstwiesen werden immer seltener
> zum Artikel
Kaernten.orf.at: Baumveredelung rettet alte Obstsorten
> zum Artikel
Projektfortschritt Obststreuwiesen
Allgemeiner Projektfortschritt im Bezirk:
Fortschritt 50 %
Bedarfserhebung
Prüfung der Machbarkeit
Planung & Finanzierung
Umsetzung
- Bedarf und Interesse in den Gemeinden sind gegeben.
- Das Projekt ist umsetzbar. Es gibt regionale Baumschulen, die die Bäume veredeln, Gemeinden und Privatpersonen, die Gründe zur Verfügung stellen und Obstbäume anpflanzen würden.
Gemeinde Seeboden:
Fortschritt 100 %
Bedarfserhebung
Prüfung der Machbarkeit
Planung & Finanzierung
Umsetzung
Projekt Obstreuwiesen in Seeboden:
- Antrag zur Pflanzung von Obststreuwiesen in Seeboden eingebracht (Antrag im Original als PDF hier zum Downloaden)
- Suche nach geeigneten Anbauflächen
- Ankauf von alten, lokalen Obstsorten
- Anpflanzung der alten, lokalen Obstbäume auf öffentlichen Flächen
- Im Zuge des Projektes wurden auch verschollene Arten, wie das „Hausmütterchen“ wiedergefunden.
Erfolgreiches EU-Kleinprojekt mit Obstbaumschnittkursen in der Nockregion
Die Interessengemeinschaft ‚Alte Obstsorten‘ unter Horst Zwischenberger und Hadmar Rud hat sich zum Ziel gesetzt, alte lokale Obstsorten in der Region zu erhalten. Dafür wurde kürzlich das EU-geförderte LEADER-Kleinprojekt `Alte Sorten – Neue Blüten` mit finanzieller Unterstützung der Nockregion-Gemeinden sowie mit organisatorischer Unterstützung des Regionalverband Nockregion initiiert.
Bewohnerinnen und Bewohner aus den Nockregion-Gemeinden konnten sich für einen von fünf kostenlosen Obstbaumschnittkursen sowie zwei Veredelungskursen anmelden. Zusätzlich erhält im Frühjahr jede Mitgliedsgemeinde fünf Stück Bäume alter lokaler Obstsorten, die möglichst im öffentlichen Bereich gepflanzt werden sollen.
Für die fachlich kompetente Umsetzung konnte die Baumschule Huber aus Obermillstatt gewonnen werden. Ziel ist es, die Streuobstwiesen zu erhalten und hier möglichst lokale, alte Obstsorten wie den Spänling, die Kletzenbirne oder den Himbeerapfel zu forcieren, die auch einzeln gepflanzt in keinem Hausgarten, aber auch nicht in öffentlichen Bereichen fehlen sollten.
Beim Obstbaumschnittkurs wurde von Gabi und Bernhard Huber der Zweck und Sinn von Obstbaumschnitten erklärt. Was ist beim Pflanzschnitt zu beachten? Wie verkürze ich das Jugendalter des Baumes? Wie erhalte ich möglichst lange das Ertragsalter und wie kann man die Vergreisung möglichst lang hinauszögern? Diese und mehr Fragen wurden geklärt und direkt vor Ort gezeigt, wie ein optimaler Aufbau der Pyramidenkrone erzielt und durch richtigen Schnitt eine `Besenbildung` verhindert werden kann.
Das Interesse an den Kursen in Gmünd, Millstatt, Mühldorf, Radenthein und Seeboden war so unerwartet hoch, dass doppelt so viele Kurse hätten stattfinden können. Die Teilnehmenden waren mit großer Begeisterung dabei und manche von ihnen haben ihre Erkenntnisse schon bei den eigenen Bäumen fachgerecht umgesetzt.
Veredelung des Spänlings:
Vor zwei Jahren haben wir uns der vom Verschwinden betroffenen alten Obstsorte, dem Spänling vom Wiednighof, angenommen und sie weiterveredelt. Nunmehr konnten 20 neue Bäume in Oberkärnten gepflanzt werden.
Am Foto: KR Neunegger Gerhard und Josef Rosenkranz aus Rangersdorf, der drei Bäume bei sich in Witschdorf gepflanzt hat.
Baumpflanzung Berger Schüttbach:
Baumpflanzung Perisutti Treffling:
Weitere Informationen
Hast auch du Interesse am Projekt „Alte Obstbäume neu entdecken“ für deine Gemeinde? Möchtest du an einem Obstbaumschnittkurs teilnehmen? Oder hast du vielleicht eine alte Apfelsorte zuhause, die du gerne bewahren und teilen möchtest? Dann melde dich einfach bei uns unter info@mochmawos.at
Wir freuen uns darauf!
Weiterführende Artikel über alte Obstbäume
Der Klarapfel ist der erste Saisonapfel
Der Klarapfel kommt ursprünglich aus dem Baltikum und wurde 1852 über die Baumschule Wagner nach Frankreich geliefert. Unter den ganz frühen Sorten ist der Klarapfel
Der Spedling (Spänling) eine autochthone (einheimische), schmackhafte Steinfrucht
Der Spedling oder Spänling wurde schon von den Römern geschätzt. Diese süße aromatische Frucht reift über einen Zeitraum von 2-3 Wochen Anfang August.
2 Antworten
Das Wohnprojekt Seeresidenzen an der Promenade zum See in Seeboden hat anstatt Thujenhecken Obsthecken aus alten Sorten als Begrenzung der Eigengärten.
Es wurden 62 unterschiedliche Apfelsorten gepflanzt, in Summe sind 240 Stk auf der gesamten Anlage.
Die Hecken treiben derzeit aus und die Blüte sollte in den nächsten 3 Wochen einsetzten. Die erste Ernte ist für diesen Herbst versprochen.
Ein Verein in Oberösterreich hat sich der Reaktivierung der Obstsorten gewidmet und vertreibt diese auch, hier der Link dazu: https://osogo.jimdofree.com
Sehr geehrter Herr Unterlerchner! Wir freuen uns, dass ihr anstatt der Thujenhecken die Alternative mit Spalierobst gewählt habt. Für die Artenvielfalt ist dies weitaus besser und die Reaktivierung der Obstsorten ist ein sehr positiver Beitrag. Unser Projekt zielt jedoch auf den Erhalt der lokalen (Oberkärnten) Obstsorten ab. Diese werden auf Halb- bzw. Hochstamm gezogen und dadurch sind Obststreuwiesen möglich, wie sie über Jahrhunderte bei uns die Landschaft geprägt haben. Diese Obstbäume können auch gute 100 Jahre alt werden und sind weitaus resistenter. Spalierobst wird in der industriellen Obstzucht eingesetzt. Schneller Ertrag und leicht zu Ernten, jedoch die Lebens- bzw. Ertragsdauer ist sehr eingeschränkt. Falls ihr irgendwo lokale alte Obstsorten mit Halbstamm- oder Hochstammbäumen wünscht, könnt ihr euch gerne an uns wenden.